Prägende Persönlichkeiten hinter der Erfolgsgeschichte
In den zurückliegenden 150 Jahren haben starke Persönlichkeiten die Geschicke der Continental gelenkt und so maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen.
Ob als Generaldirektoren, Vorstands- oder Aufsichtsratsvorsitzende – sie eint, dass sie Continental auf ihre eigene Weise geprägt haben. Und sie trugen, jeder auf seine Weise, dazu bei, dass Continental die vielen Krisen und Transformationen der Unternehmensgeschichte erfolgreich gemeistert hat.
Besonders hervorzuheben sind an dieser Stelle die Verdienste von Moritz Magnus, Siegmund Seligmann, Willy Tischbein, Alfred Herrhausen oder Carl H. Hahn. Sie haben weitsichtige Entscheidungen getroffen und erfolgreiche Weichenstellungen vorgenommen. Ihre Verdienste prägen Continental bis heute.
Im Jahr 1871 schlossen sich neun Industrielle und Privatbankiers zusammen und gründeten Continental.
Aus ihrer Mitte sticht besonders Moritz Magnus hervor, der ab 1874 als Hauptanteilseigner maßgeblich zur Finanzierung von Continental beigetragen hat. Durch den Besitz der Grundstücke an der Vahrenwalder Straße war Magnus nicht nur der wichtigste Gründer; er war es auch, der die Initiative zur Sanierung von Continental zwischen 1874 und 1876 ergriff.
Seit 1897 konnten dann erstmals Continental-Aktien im Börsenhandel erworben werden. Die Unternehmensanteile blieben dennoch bis zum Ende des Ersten Weltkriegs vergleichsweise gleichmäßig auf die lokalen Privatbankiers als Großanteilseigner verteilt. Erst die Inflation brach diese Struktur auf und immer mehr Kleinaktionäre erwarben Continental-Aktien.
Hinzu kommt, dass Magnus bereits in den frühen Gründungsjahren von Continental durch seinen Weitblick den Weg zum Erfolg des Unternehmens ebnete: Das gilt insbesondere für seine mutige und visionäre Investition in Kautschuk – einem zukunftsträchtigen Rohstoff, dessen Werkstoffeigenschaften und Marktpotenzial zu der damaligen Zeit jedoch bestenfalls ansatzweise bekannt waren. Auf diese Weise konnte Continental in den darauffolgenden Jahren ein lukratives Zukunftsgeschäftsfeld im Bereich Gummiprodukte erschließen.
Moritz Magnus stellte 1876 auch Siegmund Seligmann ein. Dieser prägte, zusammen mit Adolf Prinzhorn, maßgeblich den Aufstieg des Unternehmens.
Seligmann machte aus der angeschlagenen Continental in wenigen Jahren eine regelrechte Gewinnmaschine: Aktionäre, später auch die Arbeiterschaft, profitierten so von immer neuen Rekorden bei den ausgeschütteten Dividenden. Diesen Erfolg erwirtschaftete Continental sogar noch vor dem Einstieg in das Reifengeschäft, das erst im Laufe der 1890er Jahre nennenswert an Fahrt gewann. Die Zukunftsfähigkeit dieses Produktbereichs war zunächst gar nicht einmal so sicher, wie es im Rückblick erscheinen mag: Fahrräder und erst recht Automobile waren damals noch teure Luxusgüter und weit vom Massenmarkt entfernt.
Um den Erfolg von Continental voranzutreiben, stieß Seligmann viele unternehmensstrategische und -politische Maßnahmen an: Er erwarb Beteiligungen an führenden Gummi-Unternehmen und entwarf eine zukunftsweisende Exportstrategie. Flankiert wurde diese Exportstrategie durch eine ausgefeilte Innovationsstrategie: Seligmann ließ das Zentrallaboratorium ausbauen und erwarb rechtzeitig wertvolle Reifenpatente. Anders als Wettbewerber, die sich fast ausschließlich zu Reifenkonzernen entwickelt hatten, sorgte Seligmann außerdem dafür, dass das Produktportfolio von Continental weiter wuchs.
Seligmanns Unternehmenspolitik war in vielem modern. Sie erhielt umso größere Anerkennung, da sich die Unternehmenslenker in diesen Jahren mit zum Teil höchst widrigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen konfrontiert sahen: Von der Krise der Fahrradindustrie um die Jahrhundertwende über Handels- und Zollkonflikte bis hin zu Auseinandersetzungen mit Wettbewerbern und der Weltfinanzkrise 1908.
Seligmann besaß eine große Zahl an Continental-Aktien und war damit auch Eigentümer-Unternehmer. Als solcher verstand er sich selbst und trat gegenüber dem Aufsichtsrat entsprechend selbstbewusst auf: Er führte unter anderem eine betriebliche Sozialpolitik ein, die maßgeblich zu einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung beitrug. Auf diese Weise erlangte er ein hohes Ansehen unter den Mitarbeitern. Deren Zahl wuchs von gerade einmal 216 zu seinem Antritt auf 14.500 im Jahr 1925 an.
Willy Tischbein begann seine Karriere zunächst als international erfolgreicher Radrennfahrer, bevor er dann, nach einer kaufmännischen Ausbildung, 1894 bei Continental die Verantwortung für das Reifengeschäft übernahm. Angetrieben durch seine Verdienste in der Reifenentwicklung und -produktion kam die Professionalisierung des Unternehmens ins Rollen.
Diverse Herausforderungen, wie die Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre, die Emanzipation der Arbeiterbewegung und die Veränderung der Mobilität, hielten Tischbein nicht davon ab, tiefgreifende Neuerungen in verschiedenen Bereichen des Unternehmens vorzunehmen.
Hierzu zählen die Arbeitsbewertungsverfahren und eine leistungsbezogene Entlohnung nach dem amerikanischen Bedaux-System. Zudem wurden Vertrieb und Marketing neu organisiert:
Eine auf breite Kunden- und Käuferschichten angelegte Kommunikationsstrategie sowie das strategische Sponsoring von Sportveranstaltungen machten das „Marketing-Genie“ Tischbein zum Vorreiter eines frühen Sportmarketings in Deutschland. Er repräsentierte Continental zudem nach außen: als Mitglied in zahlreichen Vereinen, Verbänden und Institutionen der Automobil- und Zulieferindustrie.
Auch wenn die Innovationen insbesondere unter den Mitarbeitern zunächst heftig diskutiert wurden – sie verhalfen Continental dazu, vergleichsweise unbeschadet durch die Weltwirtschaftskrise zu kommen. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre konnte sich Continental durch verschiedene Fusionen und Übernahmen zum dominierenden Kautschukunternehmen in Deutschland entwickeln. Tischbein war damit der „zweite Vater der langen Erfolgsjahre von Continental“.
Allerdings war es auch Tischbein, der Continental in den Dienst des Nationalsozialismus stellte. In einer Reihe von Mitteilungen begrüßte er ausdrücklich das neue Regime und dessen propagandistischen Ziele zur ökonomischen und nationalen Größe Deutschlands. Den Höhepunkt von Tischbeins Anpassung an das NS-Regime stellte der Besuch Adolf Hitlers am Continental-Stand anlässlich der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) im Mai 1934 in Berlin dar. Zudem zwang Tischbein seine damaligen Vorstandskollegen und leitende Angestellte zum Eintritt in die NSDAP.
In der Folgezeit prägten zwei Persönlichkeiten die Entwicklung von Continental: Alfred Herrhausen, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Aufsichtsratsvorsitzender bei Continental, sowie Carl H. Hahn, Vorstandsvorsitzender bei Continental. Obwohl beide unterschiedliche Funktionen übernommen hatten, waren ihre Führungsstile in vielen Punkten eng verwoben.
Sie führten das Unternehmen durch seine bis dahin größte und längste Krise: Die Aufwertung der D-Mark begünstigte preiswerte Importreifen, gleichzeitig kämpfte das Unternehmen mit einem technologischen Rückstand bei Stahlgürtelreifen und einem gesamtwirtschaftlichen Konjunkturabschwung. Auf diese Weise brach die Nachfrage massiv ein. Erstmals in ihrer Unternehmensgeschichte musste die Continental rote Zahlen in zweistelliger Millionenhöhe verbuchen. Herrhausen und Hahn verfolgten ihr Ziel, Continental aus der Krise zu führen. Dies taten sie mit einer Mischung aus hartnäckig verfolgten industriepolitischen Plänen, geradezu verzweifelten Restrukturierungsversuchen sowie mit einer mutigen Vorwärtsstrategie und harter Sanierungspolitik.
Herrhausen nutzte seinen Einfluss auch, um Position zu beziehen und Kritik an der politischen Situation zu üben: In seiner Rede bei der Jubiläumsfeier 1971 reflektierte er gesellschaftspolitische Grundsatzfragen vor dem Hintergrund des Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells der BRD.
Hahn verfolgte offen einen harten Sanierungskurs, ohne die Lage des Unternehmens zu beschönigen: 1972 wurde erstmals in der Geschichte Continentals ein Bilanzverlust ausgewiesen, der einen Generationswechsel im Vorstand einleitete.
Überlegungen Herrhausens, das verlustreiche Reifengeschäft zu verkaufen, verhinderte Hahn und trat stattdessen eine „Flucht nach vorne“ an: Durch die Übernahme des Europageschäfts von Uniroyal wurde Continental 1979 zu einem internationalen Unternehmen, das 1983 nach zwölf Jahren Überlebenskampf wieder einen Umsatz- und Gewinnwachstum erzielt hatte.
Hinter Continental liegt eine turbulente Vergangenheit – 150 Jahre, die von prägenden Krisen und einer einzigartigen Erfolgsgeschichte gezeichnet sind. Dahinter stehen Menschen, die mit unterschiedlichen Ansätzen und Führungsqualitäten dafür gesorgt haben, dass Continental mit dem Wettbewerb Schritt halten konnte und zukunftsfähig geblieben ist. Auch heute lebt Continental von seinen Mitarbeitern, ihrer Diversität und der einzigartigen Arbeitsatmosphäre. Denn sie alle eint ein Ziel: Auch in Zukunft Herausforderungen gemeinsam zu meistern und weiterhin Erfolge zu feiern.