E-Mobilität = schwere Mobilität?
Smartes Abspeck-Programm für Elektrofahrzeuge
1.622 Kilogrammwiegt ein E-Mobil im Durchschnitt, das sind rund 284 Kilogramm mehr als ein klassischer Benziner. Im Schnitt bringen Elektroautos laut dem Center for Automotive Research ein Fünftel mehr Gewicht auf die Straße als Benziner. „Elektroautos sind rollende Kolosse“, die das zentrales Versprechen einer klimagerechten Mobilität bedrohen, analysierten vor einigen Monaten etwa das Handelsblatt (06/2022) und der Business Insider (02/2022). Mehr Gewicht bedeutet mehr Rohstoffverbrauch bei der Produktion und mehr Strombedarf im Betrieb.
Der Hauptgrund für das hohe Gewicht ist die schwere kistengroße Lithium-Ionen-Batterie, die beispielsweise bei einzelnen Modellen mit bis zu 700 Kilogramm rund 30 Prozent des Gesamtgewichts ausmachen kann. Reichweiten wie herkömmliche Verbrenner ist das große Versprechen – zugleich aktuell auch noch das wichtigste Verkaufsargument. Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass nur die wenigsten Menschen weltweit von den emissionsärmeren Antriebsformen überzeugt sind. So herrscht international eine große Unsicherheit, welcher Antrieb in Summe „umweltfreundlich“ ist. Die Ergebnisse der Continental-Mobilitätsstudie 2022 belegen die Unsicherheit der Menschen. In den europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich und Norwegen) fühlen sich im Durchschnitt 64 Prozent der Befragten nicht ausreichend darüber informiert, welcher Antrieb nun nachhaltig sei. In Japan liegt der Wert gar bei 67 Prozent.
Um die Transformation hin zur emissionsärmeren/-freien Mobilität weiter zu beschleunigen, müssen Lösungen her, die die Menschen überzeugen und das Fahrzeug in seiner Gesamtheit nachhaltiger – und vor allem leichter machen. Continental bietet auf diesem Gebiet bereits eine Vielzahl ausgereifter Ansätze.
Diese tragen einen maßgeblichen Anteil dazu bei, dass mehr Technologie im Auto nicht zwingend auch mehr Gewicht bedeuten muss. Ganz im Gegenteil: Die smarten Lösungen von Continental helfen aktiv bei der Gewichtsreduzierung, ermöglichen einen geringeren Rohstoffverbrauch und senken letztlich den Strombedarf.
Ali Parvanta
Pressesprecher Innovationen & Technologien
Continental AG
Fünf Ansätze von Continental, um Elektrofahrzeuge smart leichter zu machen:
1. Nachhaltiges „Reifen-Leichtgewicht“ Conti GreenConcept
Mit einem hohen Anteil nachwachsender und recycelter Materialien wurde das innovative Reifenkonzept Conti GreenConcept für Fahrzeugkonzepten mit umweltfreundlichen Antriebstechnologien konzipiert. Es setzt auf innovative Leichtbauweise und schont so nicht nur den Energieverbrauch des Autos, sondern auch die Ressourcen bei der Produktion des Reifens.
Der Reifen hat ein Gewicht von nur 7,5 Kilogramm und ist somit bis zu 40 Prozent leichter als ein heutiger Standardreifen. Möglich wurde diese Gewichtsreduzierung durch ein optimiertes Profil des Laufstreifens, einer speziellen Seitenwand sowie einem neuartigen Karkassen-Aufbau samt gewichtsoptimiertem Kern. Diese Konstruktionsmerkmale sorgen in der Summe für einen deutlich niedrigeren Materialeinsatz und mehr Nachhaltigkeit im Fahrbetrieb.
Das speziell ausgelegte Profil des Conti GreenConcept bietet gegenüber einem herkömmlichen Reifen mit gleicher Profiltiefe größere Sicherheitsreserven. Auch im Laufstreifen wurde der Materialeinsatz optimiert und so sein Gewicht reduziert. Hierdurch konnte gleichzeitig der Rollwiderstand des Reifens vermindert werden. Internen Messungen zufolge liegt dieser um rund 25 Prozent unter dem eines Reifens der Rollwiderstandsklasse A im EU-Reifenlabel, dem Bestwert in diesem Bereich.
2. Moderne Light-Oberflächen für den Innenraum lassen Auto-Pfunde purzeln
Mit modernen Fahrzeuginnenraummaterialien lassen sich ebenfalls enorme Gewichtseinsparungen erzielen. Die mit dem Zusatz „Light“ gelabelten Oberflächenprodukte von Continental senken ebenso den Benzinverbrauch und CO2-Emissionen wie tiefziehfähige DecoJect® Dünnfolien oder Bodenbelagsfolien. Mit einem Gewichtsvorteil von bis zu 50 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Materialien liefern sie überzeugende Beiträge für eine nachhaltig positive Klimabilanz. Besondere Bedeutung kommt deren Einsatz auch bei Elektrofahrzeugen zu – hier bedeutet jedes Gramm weniger Gewicht mehr Reichweite und bessere Fahrleistungen.
Weitere konkrete Produktbeispiele sind:
- Acella® Light wird für Sitzbezüge, Kopfstützen, Seitenverkleidungen oder Mittelkonsolen verwendet und ist 20 Prozent leichter als vergleichbare Standard-Oberflächenmaterialien.
- Gar 25 Prozent Gewichtsreduktion und eine erstklassige CO2-Bilanz sind die Trümpfe von Xpreshn HD® Light.
- 50 Prozent leichter als klassische Dekormaterialien – das bietet das ultraleichte Schaumlaminat Yorn® Light, das etwa in Sitzrücken oder Instrumententafeln verbaut wird.
3. Gewichtssparendes Soundsystem Ac2ated Sound
Auf der CES 2020 in Las Vegas präsentierten Continental und Sennheiser bereits eine lautsprecherlose Audioanlage für den Fahrzeuginnenraum. Das einzigartige System erfüllt Autos mit lebensechtem Klang, indem es die Premium-Audiokonzepte der beiden niedersächsischen Traditionsunternehmen verbindet.
Inspiriert von der Technik klassischer Saiteninstrumente, die ihren Holzkörper als Resonanzraum nutzen, versetzt Ac2ated Sound mit speziell entwickelten Aktuatoren bestimmte Oberflächen im Fahrzeuginneren in Schwingung. Das Ergebnis ist nicht nur ein besonders natürliches Klangerlebnis für die Insassen, die sich wie in einem Konzerthaus inmitten des Klangs befinden. Die Audiolösung erzielt gegenüber herkömmlichen Lautsprechersystemen auch ein deutlich niedrigeres Gewicht und ein erheblich reduziertes Einbauvolumen. Im Vergleich: Heutige Systeme sind durch die Vielzahl der Komponenten sehr schwer und wiegen bis zu 40 Kilogramm. Ac2ated Sound ist durch die Nutzung vorhandener Flächen deutlich gewichtseffizienter. Gegenüber vergleichbaren konventionellen Systemen auf dem Markt ermöglicht es eine Gewichts- und Bauraumreduktion im Bereich von 75 bis 90 Prozent. Auch im Showcar AMBIENC3 wurde das System verbaut.
4. Batterieanprallerkennung / Battery Impact Detection
Die meisten Elektrofahrzeuge haben eine Skateboard-Chassis-Architektur. Bei ihr ist das Batteriepaket quer am Boden des Fahrzeugs installiert. Diese Konstruktion verbessert zwar den Schwerpunkt des Fahrzeugs erheblich, erhöht aber zugleich das Risiko von Batterieschäden. Eine Kollision oder unter das Fahrzeug geschleuderte Gegenstände können einen Schlag auf die Batterie verursachen, was zu schweren Schäden oder Brandgefahr führen kann. Besondere Schutzmaßnahmen sind erforderlich, um das Eindringen von Fremdkörpern zu vermeiden oder zu erkennen.
Doch der Schutz vor Batterieschäden und möglichen Bränden geht ins Gewicht:
Der klassische Schutzansatz beispielsweise mit einem Metallbodenblech erhöht das Fahrzeuggewicht merklich – und senkt so Reichweite. Durch die Umstellung auf ein aktives System kann eine Schadenerkennung mit leichten Teilen realisiert werden.
Die Batterieanprallerkennung in Kombination mit einer Leichtbaukonstruktion erkennt Unterbodenintrusionen und warnt die Fahrerin oder den Fahrer, wenn dadurch ein Werkstattaufenthalt notwendig wird. Damit wird der Fahrerin oder dem Fahrer die schwierige Entscheidung abgenommen, ob ein Aufprall bei hoher Geschwindigkeit oder ein Bodenkontakt bei geringer Geschwindigkeit die Batterie beschädigt haben könnte. Im Vergleich zum derzeitigen Unterbodenschutz aus Metall kann das System bis zu 50 Prozent an Gewicht einsparen.
5. Green Caliper
Der neue, für die speziellen Anforderungen von Elektrofahrzeugen entwickelte Bremssattel ist leichter als der für konventionelle Fahrzeuge. Durch die Einsparung von Gewicht erhöht sich auch die Reichweite von Elektrofahrzeugen.
Künftige Elektrofahrzeuge können dank einer neuen Bremsenkonstruktion von Continental zusätzlich rund ein Prozent an Reichweite gewinnen: Die sogenannten Green Caliper, neu entwickelte Bremssättel für Scheibenbremsen, sind deutlich leichter als bisherige Konstruktionen und haben ein geringeres Restschleifmoment. In Kombination mit der Bremsscheibe tragen die niedrigere Masse – im Einzelfall bis zu fünf Kilogramm pro Bremse – und die reduzierte Reibung zwischen Bremsbelag und Scheibe zur Erhöhung der Reichweite eines Elektrofahrzeugs bei.
Möglich wurde dieser große Fortschritt durch die gezielte Weiterentwicklung für die Anforderungen an eine Bremse im Elektrofahrzeug. Im Unterschied zu den Bremsen in einem konventionellen Fahrzeug werden die Bremsen im Elektroauto viel seltener aktiviert. Das liegt daran, dass in über 80 Prozent aller Verzögerungssituationen die Bremse aufgrund der Rekuperation gar nicht benötigt wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Green Caliper weniger „können müssen“ als konventionelle Bremssättel. Im Gegenteil: Wegen des Gewichts der Batterie in einem Elektroauto muss die Verzögerungsleistung der Bremsen oft sogar höher sein. Dagegen ist ihre thermische Belastung geringer, weil die Bremse viel seltener genutzt wird. Und genau für dieses veränderte Anforderungsprofil ist die neue Bremssattelkonstruktion optimiert.
(Stand: April 2023)