Elektrische Kompetenz aus einer Hand
- Continental beweist Systemkompetenz für Elektrofahrzeuge
- Leistungsstarke hauseigene Engineering-Gesellschaft baut Versuchsträger auf
- 40 Serienkomponenten in Fahrzeug eingebaut und vernetzt
Frankfurt am Main/Hannover. Continental ist für den Trend zur Elektrifizierung des Autos bestens gerüstet. Das beweist der internationale Automobilzulieferer mit einem zum Elektroauto (EV) umgerüsteten Serienfahrzeug. In dem Fahrzeug kommen rund 40 EV-spezifische Komponenten des Unternehmens zum Einsatz: Vom Motor über den Akku und die Leistungselektronik bis hin zum neuartigen Anzeige- und Bedienkonzept und der gesamten Peripherie für Antrieb und Ladung sowie speziellen Reifen (Conti.eContact). Dabei ist das Gros der EV-Bauteile marktreif oder wird bereits in Großserie produziert. „Mit diesem gebündelten Know-how aus allen fünf Divisionen unseres Unternehmens beweisen wir die Systemkompetenz von Continental auch und gerade bei der zunehmenden Elektrifizierung des Autos“, sagte der Continental-Vorstandsvorsitzende Dr. Elmar Degenhart. Zudem demonstriert das Unternehmen mit dem voll funktionsfähigen und bereits über zehntausend Kilometer erprobten Technologieträger auch die Entwicklungsleistung vom Bereich Systems & Technology Automotive und der hauseigenen Continental Engineering Services, die den Prototypen in kaum mehr als sechs Monaten aufgebaut hat.
Künftige Kraft: Innovativer Motor, starker Akku, intelligente Elektronik
Herzstück des Continental-Erprobungsträgers ist ein fremderregter Synchronmotor, wie er in den Elektrofahrzeugen von Renault bereits zu Tausenden im Einsatz ist. Der Motor erreicht eine Leistung von 70 Kilowatt und ein maximales Drehmoment von 226 Newtonmeter, mit dem der Prototyp in 11,9 Sekunden von Null auf 100 beschleunigt. Der bislang im Automobilbereich ausschließlich von Continental in Großserie produzierte, fremderregte Synchronmotor bietet gegenüber dem permanent erregten Elektromotor deutliche Vorteile: Über alle Betriebszustände gesehen erreicht diese Technik insgesamt einen sehr hohen Wirkungsgrad bei Elektrofahrzeugen. Insbesondere bietet sie bei höheren Drehzahlen durch die Erregerstromregelung eine geringere Gegeninduktivität.
Diese technische Besonderheit dient zudem auch der Sicherheit des Motors. Ein weiterer Vorteil ist, dass keine hochpreisigen Seltenen Erden für die Magneten benötigt werden.
Gekoppelt ist der Elektromotor mit einem integrierten Einstufen- und Differential-Getriebe samt mechanischer Parksperre sowie einer Leistungselektronik und einem Steuergerät von Continental. Die Leistungselektronik entstammt einem flexiblen Baukastensystem der zweiten Generation. Samt integriertem DC/DC-Wandler ist sie etwa 30 Prozent kleiner als in der ersten Generation und gehört zu den kompaktesten Komponenten am Markt. So gewinnen die Fahrzeugentwickler wertvollen Bauraum und reduzieren zugleich das Fahrzeuggewicht, wodurch im Gegenzug die Reichweite steigt. Das zentrale Steuergerät wurde aus einem in der Großserie bewährten Motorsteuergerät abgeleitet und ist das Gehirn des Elektrofahrzeugs. Er steuert nicht nur den Antrieb, sondern übernimmt auch das Temperatur- und Energiemanagement sowie die Überwachung des Ladevorganges.
Der Antrieb wird aus einer Lithium-Ionen-Batterie gespeist. Samt integriertem Batteriemanagement, der Sicherheitselektronik, dem innovativen Crashsensor evSAT und der Flüssigkeitskühlung wiegt das System 154 Kilogramm und lässt sich ohne Platzeinbußen in einem Sandwichboden unter den Sitzen integrieren. Kofferraumvolumen und Innenraumvariabilität des Versuchsträgers bleiben so unverändert. Das Batteriepaket hat bei einer Nennspannung von 355 Volt eine Kapazität von 18 Kilowattstunden. Das ermöglicht eine Reichweite von maximal 150 Kilometern.
Geladen wird der Akku mit einem neuen Ladesystem (On-Board-Charger) von Continental, der reif für die Serienentwicklung ist. Konzipiert für kommende Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride – Kraftfahrzeuge mit Hybridantrieb, deren Batterie zusätzlich über das Stromnetz geladen werden kann – ist er modular aufgebaut und frei skalierbar. Durch die hohe Ladeleistung von bis zu 10 Kilowatt lässt sich das Fahrzeug in etwas mehr als zweieinhalb Stunden komplett laden.
Um den verschiedenen Hochvoltverbrauchern wie Lader, Umrichter oder Heizer außerdem einen sicheren Zugriff auf die Akkuspannung zu gewährleisten, wurde in der zentralen Vorentwicklung ein Prototyp einer Verteilerbox erstellt. Diese sichert und überwacht die Steckverbindungen und kann temporär nicht benötigte Komponenten abschalten.
Innovativ informiert: Continental entwickelt intelligentes Anzeige- und Bedienkonzept
Tacho und Drehzahlmesser waren einmal: Mit der Elektrifizierung des Antriebs wandelt sich der Informationsbedarf des Fahrers deutlich. Nötig sind einfach verständliche und hoch präzise Angaben insbesondere über die Energiereserven sowie die verbleibende Reichweite. Zukünftig wird das vernetzte Fahrzeug die Angst vor einem unerwarteten Liegenbleiben mit leeren Akkus auf freier Strecke auflösen können. Auf Basis der Daten zu Energiefluss, Ladezustand, Aktionsradius, Reichweite und vorausliegender Verkehrssituation wird der Fahrer auf einfache Weise über die Reichweite mit einem frei konfigurierbaren Kombiinstrument informiert. Wie auf dem Display eines Tablet-Computers erhält der Fahrer über diesen 12,3“-LCD-Bildschirm umfassend und auf einen Blick alle wichtigen Kennzahlen und Eckdaten. Je nach Einsatzzweck und Betriebszustand lassen sich darauf neben den reinen Fahr- und Akkudaten auch Navigationshinweise, Energiespartipps oder die nächsten Ladesäulen anzeigen. Die Fahrzeugentwickler haben hier also einen breiten Spielraum für die individuelle Darstellung beziehungsweise Vermittlung der Informationen.
Eine weitere Innovation im elektrischen Demonstrationsfahrzeug ist das aktive Gaspedal, das „Accelerator Force Feedback Pedal“ (AFFP®) von Continental. Das weltweit erste aktive Gaspedal steht unmittelbar vor dem Serieneinsatz. Es bietet mit seinem integrierten Aktor und einem völlig frei programmierbaren haptischen Signal ganz neue Möglichkeiten, den Autofahrer bei einem möglichst sparsamen Fahrstil zu unterstützen. In Abhängigkeit etwa des jeweils gewählten Fahrprogramms lässt sich zum Beispiel ein variabler Druckpunkt im Pedalweg erzeugen, der dem Fahrer die optimale Gaspedalstellung signalisiert. Gleichzeitig kann in Relation zum Ladestand des Akkus ein steigender Gegendruck aufgebaut werden, der auf eine schwindende Reichweite aufmerksam macht – und zum sparsamen Tempo auffordert.
Weil solche Hinweise auch bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor den Alltagsverbrauch senken können und das „Accelerator Force Feedback Pedal“ (AFFP®) zudem als Warnsignal bei drohenden Gefahren sinnvoll ist, beschränkt sich sein Einsatz nicht allein auf Elektrofahrzeuge.
Continental denkt bei der so genannten Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI - Human-Machine-Interface) für Elektrofahrzeuge aber weit über das Cockpit hinaus. So hat das Unternehmen für den Prototypen zum Beispiel eine innovative Ladebuchse entwickelt, die den Fahrzeugbesitzer auf einen Blick über den aktuellen Status seines Wagens informiert. Sie ist nicht nur weiß beleuchtet, damit man auch nachts problemlos Strom zapfen kann. Ein blinkender LED-Ring verdeutlicht das Laden, ein Farbwechsel von gelb bis grün, wie weit der Ladevorgang fortgeschritten ist.
Zudem hat Continental für Elektrofahrzeuge ein internetbasiertes Portal entwickelt, über das der Fahrer vom heimischen Computer aus oder per Smartphone direkten Zugriff auf seinen Wagen hat. Mit wenigen Mausklicks kann man so Ladezeit und Ladezustand des Akkus ablesen, künftig auch das Lademanagement steuern und sein Fahrzeug konditionieren. Dann startet der Ladevorgang zum Beispiel nur während des günstigen Nachttarifs oder die Klimaanlage kühlt das Auto herunter, solange der Wagen noch am Stromnetz hängt.
Auf großem Fuß: Neue Reifen für mehr Reichweite
Der umgebaute Versuchsträger steht auf dem neuartigen Reifen Conti.eContact, den der Spezialist aus Hannover speziell für Elektrofahrzeuge entwickelt hat. Mit seinem ungewöhnlichen Format von 195/55 R20 und den Aerodynamik-Felgen ist er nicht nur ein markanter Blickfang. Mit einem um etwa 30 Prozent reduzierten Rollwiderstand ermöglicht er einen deutlichen Reichweitengewinn: Bis zu zehn Prozent mehr Kilometer sind mit den neuen Reifen, bei automatisch überwachten Reifendruck, zu schaffen.
Möglich macht das vor allem der ungewöhnlich große Reifendurchmesser. Durch ihn verringert sich die Verformung des Reifens beim Einlauf in die Bodenaufstandsfläche, wodurch der Rollwiderstand erheblich reduziert wird. Gleichzeitig kann so dieselbe Tragfähigkeit wie bei bisher üblichen Reifen erreicht werden. Zusätzlich hat Continental die Seitenwand des Reifens so gestaltet, dass weniger Energie beim Ein- und Ausfedern des Reifens verloren geht. Genau wie die sehr glatten und weitgehend geschlossenen Felgen verzichtet sie zudem auf die üblichen Kanten und Designelemente, um den Luftwiderstand so gering wie möglich zu halten.
Das Profil wurde mit seiner Kombination von vier Längsrillen, hoher Lamellenzahl, den Verzicht auf Querrillen und Steifigkeit der Profilrippen ebenfalls auf niedrigen Rollwiderstand und geringe Geräuschabstrahlung hin getrimmt. Gleichzeitig konnten so präzise Handling-Eigenschaften und sichere Nässebremswege erreicht werden. Die sehr flache Reifenkontur verhindert höhere Bewegung der Gürtelelemente des Reifens und verringert damit den Rollwiderstand noch weiter. Nicht zuletzt wurde auch das Reifengewicht weiter abgesenkt.
Rekuperieren oder Reiben: Continental ermittelt die beste Bremsstrategie
„Rekuperation“ ist bei einem Elektrofahrzeug essenziel. Wo die so genannte Motorbremse beim Verbrenner vor allem das konventionelle Bremssystem entlastet und mit einer intelligenten Steuerung des Generators erst seit wenigen Jahren auch den Verbrauch senkt, ist sie beim Fahrzeugen mit Elektroantrieb elementar für eine erweiterte Reichweite: Bei jeder Verzögerung ohne die Reibbremse wird wertvolle Energie zurück in den Akku gespeist und der Aktionsradius erhöht.
Die Bremsstrategie ermittelt im Technologieträger von Continental das ESC-Steuergerät MK 60, das bereits in Großserie in mehr als 50 Millionen herkömmlichen Fahrzeugen verschiedenster Hersteller weltweit eingebaut ist. Dabei steuert es zentrale Funktionen wie das elektronische Stabilitätsprogramm, das ABS, die Traktionskontrolle oder die Berganfahrhilfe. Für den Einsatz im Elektrofahrzeug hat Continental den Funktionsumfang des Steuergeräts erweitert: Aus der Gas- und Bremspedalstellung des Fahrers, Lenkwinkel, Längs- und Querbeschleunigung ermittelt es das sicherste Zusammenspiel von Rekuperation und Reibbremse. So garantiert es ein möglichst gewohntes Fahrgefühl bei einer bestmöglichen Energierückgewinnung.
Im nächsten Entwicklungsschritt wird der Fahrer auf dieses Zusammenspiel zusätzlich Einfluss nehmen können: Dann lässt sich der Rekuperationsanteil in mehreren Stufen individuell einstellen. Die optimale Unterstützung von Rekuperationsstrategien ermöglicht dabei das neue integrierte Bremssystem MK C1, welches die elektronische Stabilitätskontrolle (ESC) und eine neuartige Bremsbetätigung in einer kompakten, gewichtssparenden Einheit vereint. Die Neuentwicklung verbindet eine hohe Bremsdruckdynamik mit präziser und leiser Druckstellung für alle Komfortfunktionen.
Innovative Sitzbezüge aus nachwachsenden Rohstoffen
Im Innenraum des Continental-Fahrzeugs fallen auf den ersten Blick die innovativen Bezüge der sportlichen Sitze auf. Dafür haben die Entwickler auf das innovative Bezugsmaterial Acella® Eco Natural aus dem Portfolio von Benecke-Kaliko zurückgegriffen. Es passt mit seinem grün-blauen Farbton und der Prägung im Stil von einer Computerplatine nicht nur optisch gut zu einem Elektrofahrzeug, sondern das neuartige Material ist obendrein besonders umwelt- und ressourcenschonend sowie hautverträglich. So besteht es zu 40 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, weist im Vergleich zu Standardbezugsmaterialien eine um 14 Prozent bessere Ökobilanz auf und erfüllt zudem den Öko-Tex® Standard 100.
Intelligent integriert: Perfektes Package und schneller Aufbau bei der CES
Continental verfügt nicht nur über zahlreiche innovative Komponenten und eine hohe Systemkompetenz für die Elektrifizierung des Autos. Sondern der internationale Automobilzulieferer hat auch eine schlagkräftige Entwicklungsmannschaft, die durch Adaption erprobter Großserientechnik eine Realisierung von Kleinserien und Nischenanwendungen zu wirtschaftlichen Preisen ermöglicht: Die Continental Engineering Services (CES).
In kaum mehr als sechs Monaten haben die Experten den Versuchsträger komplett entkernt und zu einem Elektrofahrzeug umgerüstet, das bereits nahezu alle Sicherheits- und Qualitätsanforderungen an ein Serienfahrzeug erfüllt und zulassungsfähig ist. Der Erprobungsträger funktioniert nicht nur auf der Teststrecke, sondern hat seine Alltagstauglichkeit bereits auf mehr als 10.000 Kilometern im öffentlichen Straßenverkehr bewiesen. Bei der Umrüstung hat die CES als unternehmenseigener Entwicklungsdienstleister neben hohem Tempo und hoher Qualität auch eine perfekte Anordnung der Komponenten unter Beweis gestellt. Der intelligente Einbau des Akkus im Sandwichboden und die kompakten Continental-Komponenten haben nicht nur den Raum für Passagiere und Gepäck erhalten, sondern unter der vorderen Haube zusätzlichen Platz gewonnen. Bei einem Serienfahrzeug könnte dort ein weiterer Stauraum etwa das Reifenreparaturset, das Bordwerkzeug und das Ladekabel aufnehmen.
Zudem haben die CES-Ingenieure die diversen Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs so geschickt in das Auto integriert, dass sie gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen mehrere Meter an Hochvoltkabeln und zahlreiche spezielle Steckverbindungen sparen. Das führt zu einem deutlichen Kostenvorteil und reduziert zugunsten der Reichweite einmal mehr das Gewicht.
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Sören Pinkow
Mediensprecher und Themenverantwortlicher Safety and Motion
Continental Automotive