Bis zu 15 Prozent weniger Verbrauch – Continental setzt auf automatisierte Lkw-Konvois
- „Lkw-Platooning“, die elektronische Deichsel, reduziert Kraftstoffverbrauch deutlich
- Continental entwickelt für automatisierte Lkw und schafft damit die Grundlagen für eine Serienreife des sicheren digitalen Windschattenfahrens bis zum Jahr 2020
- Technologieunternehmen sieht den rechtlichen Rahmen als letzte Hürde
- Continental Mobilitätsstudie 2016 zeigt großen Informationsbedarf in der Transportbranche rund um die Themen der Digitalisierung
Hannover, 2. September 2016. „Jedes Prozent weniger Verbrauch zählt“, beschreibt Dr. Elmar Degenhart, Vorstandsvorsitzender des internationalen Technologieunternehmens Continental, die Relevanz eines emissionsarmen Verkehrs. Entsprechend entwickelt das Unternehmen Komponenten und Systeme für die Serieneinführung der elektronischen Deichsel, auch „Platooning“ genannt. „Mit Platooning verbraucht der elektronisch mit dem Führungsfahrzeug gekoppelte Lkw dank des sicheren Windschattenfahrens bis zu 15 Prozent weniger Kraftstoff. Selbst das Führungsfahrzeug fährt durch die geringeren Luftverwirbelungen bis zu drei Prozent effizienter“, erläutert Dr. Michael Ruf, Leiter des Geschäftsbereichs Commercial Vehicles und Aftermarket, den Hauptvorteil der Serieneinführung der elektronischen Deichsel.
Die Technik hierfür ist zwar im Detail komplex, doch im Grunde ganz simpel: Continental setzt auf eine interoperable Internetplattform, über die Trucks unterschiedlicher Hersteller und Flottenbetreiber einen elektronischen Konvoi auf der Autobahn bilden können. Per Funk werden Brems- und Sensordaten des Führungsfahrzeugs an die folgenden Fahrzeuge gesendet. Dank elektronischer Deichsel sieht Continental die Möglichkeit, den Abstand zwischen den Fahrzeugen im ersten Schritt von 50 Metern auf nur noch 15 Metern bei 80 Stundenkilometern zu reduzieren. Die Experten in der Entwicklung gehen sogar davon aus, dass langfristig ein Abstand von sogar nur zehn Metern technisch sicher realisierbar ist. Das wird nochmals den Platzbedarf der Lkw reduzieren. Die Fahrer des Konvois werden dabei von automatisierten Fahrsystemen unterstützt. Continental plant im ersten Schritt die Technik für hochautomatisierte Konvois mit einem Führungs-Truck und einem oder zwei an der elektronischen Deichsel hängenden Folge-Lkw.
Sollten nur 50 Prozent der jährlichen Fahrleistung von 150.000 Kilometern eines Lkw im Konvoi gefahren werden, könnte jeder angekoppelte Lkw knapp 4.000 Liter Diesel pro Jahr einsparen. Insgesamt würde ein solcher Konvoi allein die Kraftstoffkosten pro Jahr um über 9.000 EUR senken. Der Flottenbetreiber reduziert seinen CO2-Ausstoß so pro Stunde und Konvoi mit drei Lkw um 24 Kilogramm.
Bereits im April 2016 bewiesen sechs Lkw-Hersteller bei der European Truck Platooning Challenge die technische Funktionsfähigkeit des Platoonings. Noch arbeiten weltweit Regierungen an den gesetzlichen Regelungen des automatisierten Fahrens. „Wichtig ist ein gesetzlicher Rahmen, der die Reduzierung der Mindestabstände innerhalb eines Platoons ermöglicht, wenn die technischen Möglichkeiten in den Lkw gegeben sind“, zeigt Ruf den Regelungsbedarf der Politik auf. „Die Chance auf eine derart große Kraftstoff- und damit CO2-Einsparung darf nicht ungenutzt bleiben. Wir machen jetzt unsere Hausaufgaben bei der Entwicklung serienreifer Systeme und setzen auf rasche Klärung der Rahmenbedingungen. Der rechtliche Rahmen wird die letzte Hürde vor der Einführung des Platoonings sein.“ Continental stellt Basistechnologien für das Platooning auf der diesjährigen IAA Nutzfahrzeuge auf dem Stand A06 in Halle 17 aus.
Wichtiger Baustein für die Realisierung des Platoonings: Akzeptanz für die neue Technik
Für die Serienreife arbeitet Continental an sechs Bausteinen für das automatisierte Fahren sowohl für Pkw, als auch für Lkw: Sensorik, Schwarm-Vernetzung, Dialog zwischen Mensch und Maschine, Systemarchitektur, Ausfallsicherheit und der Akzeptanz der neuen Technik. Gerade im Bereich der Akzeptanz von innovativen Technologien bei den Akteuren der Transportbranche sieht Continental nach den ersten Ergebnissen der Continental-Mobilitätsstudie 2016 unter deutschen und chinesischen Flottenbetreibern noch viel Potential. Obgleich in der jüngsten gemeinsam mit infas durchgeführten Studie nur 15 Prozent der befragten Logistiker das Transportgewerbe gut für die Zukunft aufgestellt sehen, sehen nur 28 Prozent im automatisierten Fahren eine Chance für die Branche. „Die ersten Ergebnisse der Studie zeigen, dass wir als Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, bis die offensichtlichen Vorteile der Digitalisierung für Sicherheit und Umweltschutz auch wirklich auf die Straße kommen“, ist sich Continental-Vorstandsmitglied Nikolai Setzer der Herausforderung der Industrie bewusst.
Einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Automatisierung in der Automobilindustrie und der Nutzfahrzeugbranche bietet die Informations- und Diskussions-Plattform 2025AD.com. Hier wird über die Technik hinter dem Platooning berichtet und das Konzept anhand von Infografiken verdeutlicht. Außerdem wird insgesamt über die Vor- und Nachteile der Automatisierung in der Nutzfahrzeugbranche diskutiert.