Continental präsentiert als Wegbereiter für vernetztes Fahren serienreife Bausteine
- Technologiekonzern arbeitet für null Unfälle im Verkehr, saubere Luft und intelligente Fahrzeuge mit zusätzlichem Komfort
- Reifenentwicklung, Gewichtsreduzierung und Elektrifizierung bleiben Dauerthemen
- 48-Volt-Technologie: Der „Volks-Hybrid“ als Brückenschlag zum Erfüllen strenger werdender Abgasvorschriften
Frankfurt am Main, 14. September 2015. Als krönenden Abschluss seines „Innovationssommers“ („Summer of Innovation“) präsentiert der Technologiekonzern Continental auf der IAA 2015 in Frankfurt (Halle 5.1, Stand A08) elementare Bausteine auf dem Weg zum Automatisierten Fahren. „Wir arbeiten an der Realisierung einer bezahlbaren Mobilität mit den drei Schwerpunkten: Null Unfälle im Straßenverkehr, saubere Luft und intelligentes Fahren mit zusätzlichem Komfort“, erklärte der Continental-Vorstandsvorsitzende Dr. Elmar Degenhart anlässlich der Internationalen Automobilausstellung. Continental gilt als einer der führenden Wegbereiter für vernetztes und Automatisiertes Fahren.
Assistiertes und Automatisiertes Fahren für null Unfälle
Der entscheidende Schlüssel für „Null Unfälle“ ist das assistierte Fahren. Vertrauen in die Technologie ist aus Sicht von Continental die Basis für die Akzeptanz des Automatisierten Fahrens. „Die Akzeptanz des Automatisierten Fahrens steigt mit zunehmender Vertrautheit mit den Fahrerassistenzsystemen. Sie hängt auch davon ab, wie wir es schaffen, den Fahrer darüber informiert zu halten, was sein Auto als nächstes vorhat. Der Chauffeursknopf für das Automatisierte Fahren eröffnet mit Hilfe von Elektronik und Software zusätzliche Freiräume im Auto. Diese Freiräume kann man nutzen, muss es aber nicht zwingend tun. Die Verwendung unserer automatisierten Fahrfunktionen werden wir immer dem Fahrer überlassen. Unsere Fahrerassistenzsysteme schützen ihn auch ohne sie“, sagte Degenhart.
Politik muss den Weg zur Nutzung des Automatisierten Fahrens freigeben
„Mit unserer Arbeit sind wir Wegbereiter des Vollautomatisierten Fahrens. Die Technologie dafür reift zusehends für die Fahrpraxis heran. Wir begrüßen daher die Einrichtung digitaler Testfelder, wie sie in verschiedenen Bundesländern beschlossen oder geplant sind. Jetzt wird es höchste Zeit für die Gesetzgeber, die juristischen Weichen für die Nutzung des Automatisierten Fahrens im Alltag zu stellen“, forderte Degenhart. „Denn bereits für das Hochautomatisierte Fahren – wie zum Beispiel auf Autobahnen als wichtigem Teilschritt – muss es einen gesetzlichen Rahmen geben, damit einem Fahrer erlaubt wird, die Fahrsituation nicht mehr durchgehend zu überwachen.“
Einige autonome und damit fahrerlose Fahrfunktionen sind bei Continental ebenfalls in Arbeit, vor allem mit Blick auf die Realisierung komfortabler Einparksysteme. Der Technologiekonzern zeigt auf der IAA das hierfür besonders praktische Surround View-Kamerasystem.
Die sechs Herausforderungen an das Automatisierte Fahren
„Wir entwickeln weltweit die für das Automatisierte Fahren benötigten Komponenten und Systeme – in den USA ebenso wie in Japan, in China und in Deutschland. Unsere Ingenieure gehen dabei sechs wesentliche Herausforderungen an: Sensorik, Schwarm-Vernetzung, Mensch-Maschinen-Dialog, Systemarchitektur, Ausfallsicherheit und die Akzeptanz von Automatisiertem Fahren“, beschrieb Degenhart die Arbeitspakete des Unternehmens beim Automatisierten Fahren.
Sensorik: Null Unfälle sind keine Utopie mehr. Die Basis liefern die Fahrerassistenzsysteme mit Sensoren, die das Fahrzeugumfeld mindestens so gut erfassen wie der Mensch. Rückspiegel können durch Kamerasysteme ersetzt werden und erhöhen nicht nur die Sicherheit, sondern verringern auch den CO2-Ausstoß von Autos und Lkw. Für die Sensorfusion und letztlich die Auswertung der Sensordaten forscht Continental am Einsatz von künstlicher Intelligenz. Für das Thema „Sicherheit durch Lernen“ hat Continental mit der TU Darmstadt mit PRORETA 4 ein Forschungsprojekt rund um selbstlernende Systeme und künstliche Intelligenz gestartet.
Auf der IAA präsentiert das Unternehmen den neuen SportContact 6 für maximalen Grip bei Geschwindigkeiten bis 350 Stundenkilometern. „Der SportContact 6 ist als High-Tech-Reifen ebenso innovativ und wertvoll wie neue Spitzenelektronik. Denn nur die Reifen bringen die Antriebskraft des Autos intelligent auf die Straße und sorgen für sicheren Bodenkontakt“, fasste Degenhart zusammen.
„In Zukunft werden wir in die Reifen Sensoren einbauen, mit der das Fahrzeug die Beschaffenheit der Fahrbahn unmittelbar ertasten kann. So werden wir die Reifen zu einem wichtigen Teil unseres Sensornetzwerkes im Auto machen“, sagte Degenhart und fügte hinzu: „Continental ergänzt auf diese Weise ihr einzigartiges, lernendes Komplettsystem für das vorausschauende Fahren.“
Schwarm-Vernetzung: Der „sechste Sinn“ des Autos wird das Internet werden. Continental arbeitet an einem leistungsfähigen Backend mit hochgenauer Information über die Verkehrslage. Die Basis dafür liefert der Austausch von Sensordaten zwischen den Verkehrsteilnehmern und den Verkehrs-Großrechnern. Das erhöht die Sensorreichweite und ermöglicht den Blick des Fahrzeugs „um die Ecke“.
Dialog zwischen Mensch und Maschine: Wie sieht die Strategie aus, wenn das Fahrzeug vollautomatisiert die Autobahnausfahrt erreicht, und der Fahrer die Fahraufgabe wieder übernehmen soll? Continental präsentiert in einem interaktiven 3D-Kino ein Cockpit für das zukünftige Zusammenspiel zwischen Fahrzeug und Fahrer – und damit einen grundlegenden Lösungsansatz für die Übernahmefrage.
Systemarchitektur: Künftige Systemarchitekturen für das Automatisierte Fahren müssen die riesigen, im Auto zu verarbeitenden Datenmengen sicher managen. Ein Gigabyte Sensordaten pro Minute müssen in Echtzeit ausgewertet werden. Bei steigender Sensorleistung und damit steigender Datenmenge braucht es eine leistungsstarke und ausfallsichere Elektronik-Architektur.
Ausfallsicherheit: Heute arbeiten Fahrerassistenzsysteme als Rückfallebene für den Fahrer. Beim Automatisierten Fahren muss im Fehlerfall eine sichere Weiterfahrt oder ein kontrollierter, sicherer Fahrtabschluss ermöglicht werden. Entsprechend konfigurierte Bremssysteme sind derzeit bereits im Flottentest. Auch die Sicherheit vor Manipulationsversuchen muss bedacht werden. Es werden Verfahren entwickelt, die solche Versuche erkennen und die Fahrzeugsysteme schützen.
Akzeptanz: Vertrauen in Technologie ist aus Sicht von Continental die Basis für die Akzeptanz des Automatisierten Fahrens. Die Vertrauensbildung geschieht vor allem über einen intelligenten Dialog zwischen Fahrer und Fahrzeug. Die Entwickler heutiger Fahrerassistenz- und Fahrerinformationssysteme berücksichtigen dies und schaffen damit die Voraussetzung für die Akzeptanz künftiger Lösungsangebote.
Vernetztes Fahren: Dynamischer elektronischer Horizont erhöht Effizienz und Komfort
Vernetzte Fahrzeuge können über ihre Sensorik zahlreiche Informationen über veränderliche Ereignisse wie Staus, Unfälle, Ampelschaltungen, Warnbeschilderungen oder Fahrbahnzustand einsammeln und über das Internet an andere Verkehrsteilnehmer weitergeben. Nutzt man einen „Schwarm“ von miteinander vernetzten Fahrzeugen und akkumuliert und analysiert deren gesammelte Daten in Verkehrs-Großrechnern (Backend), entsteht daraus ein aktuelles und hochgenaues Bild des Straßennetzwerks und Verkehrsflusses. Dieses Bild dient speziell als Informationsquelle für andere Fahrzeuge, deren Assistenzsysteme oder andere Funktionen.
„Je mehr ein Fahrzeug über die vor ihm liegende Strecke weiß, desto besser kann es seine Funktionen darauf einstellen. Durch Vernetzung lernt es, vorrauschauend zu agieren“, sagte Degenhart. Als Beispiel dafür wie das geht, präsentiert Continental den elektronischen Horizont (engl. „eHorizon“).
Seit 2012 ist der eHorizon in seiner statischen Variante in Lastkraftwagen im Einsatz. Dort nutzt er einprogrammierte Informationen zum Höhenprofil der Strecke, um Getriebe und Antrieb effizient einzustellen. Das Ergebnis: über 1.500 Liter Kraftstoff-Einsparung pro Lkw und Jahr.
Mit einem dynamischen eHorizon lernt ein Fahrzeug künftig während der Fahrt ständig dazu und kann damit über die Reichweite seiner Sensoren hinaus erfassen, was hinter der nächsten Kurve lauert. Dafür benötigt das Continental-System deutlich weniger Datenaufwand als die Navigationssysteme. Das Ergebnis ist dennoch reichhaltig: Informationen sind aktuell verfügbar, der Fahrer wird frühzeitig gewarnt, ggf. erfolgt eine Anpassung des Fahrstils, der Verkehrsfluss insgesamt wird effizienter gestaltet sowie zum Beispiel die Routenführung individuell an die aktuelle Lage angepasst. Darüber hinaus erlaubt der dynamische eHorizon die Verknüpfung mit mobilen, smarten Kommunikationsgeräten. Er unterstützt damit die nahtlose Vernetzung der Fahrzeuginsassen mit deren digitalen Lebenswelten und den künftig nutzbaren, digitalen Servicediensten.
Der „Volks-Hybrid“: Meilenstein auf dem Weg zu mehr Effizienz und sauberer Luft
Ein weiterer Schwerpunkt der Entwicklungsarbeit bei Continental ist die Effizienzsteigerung. Um dem steigenden Druck der strenger werdenden, äußerst anspruchsvollen Abgasvorgaben stand zu halten, braucht es den milden Hybrid mit 48-Volt-Bordnetz. „Er hat das Zeug zum ‚Volks-Hybrid‘, weil er ein Fünftel weniger Benzin verbraucht, relativ kostengünstig ist und in allen Fahrzeugklassen eingesetzt werden kann“, machte Degenhart die Vorteile deutlich. Continental startet 2016 mit der Serienproduktion in Europa, Asien und USA.
„Weniger Gewicht und weniger Verbrauch sind Dauer-Herausforderungen für effizientere Mobilität. Wir arbeiten im gesamten Unternehmen daran. Unsere Turbolader senken die CO2-Emissionen von neuen Fahrzeugen um bis zu sieben Prozent, zusammen mit Benzindirekteinspritzung um bis zu 13 Prozent. Turbolader-Schlauchleitungen oder Getriebequerträger werden durch den Einsatz von Hochleistungs-Kunststoffen immer leichter“, erläuterte Degenhart.
„Rein elektrisch betriebene Fahrzeuge werden wegen der begrenzten Leistung heutiger Batterietechnik für die nächsten Jahre noch ein Nischenprodukt bleiben“, fügte er hinzu. Für Continental hängt der Fortschritt an einigen wesentlichen Herausforderungen: „Das Elektroauto mitsamt Batterie muss gemäß Kundenerwartung eine Lebensdauer von etwa 200.000 Kilometern haben. Eine Reichweite von 500 Kilometern mit einer einzigen Ladung ist darüber hinaus das von den Kunden gewünschte Minimum. Und es muss zu erschwinglichen Preisen verfügbar sein. Schließlich braucht es eine geeignete Lade-Infrastruktur – im Idealfall mit der Möglichkeit zum induktiven Laden. All diese Anforderungen benötigen noch einige Jahre Entwicklungszeit“, zeigte Degenhart auf.