Höhere Systemintegration im Fahrzeugcockpit
- Technik zur Integration der Steuerelektronik von Kombi-Instrumenten und Infotainmentsystemen vor Serienreife
- In der Luftfahrt bewährte Hypervisor Virtualisierung führt unterschiedliche Software-Welten mit abweichenden Anforderungen auf einer Hardware zusammen
- Von Kombi-Instrument über Multimedia bis hin zur Unterhaltungselektronik: Einfachere Bedienung auf dem Weg zu ganzheitlicher Mensch-Maschine-Schnittstelle
Babenhausen, 25. Februar 2014. Im Cockpit moderner Fahrzeuge laufen immer mehr Elektronikstränge zusammen. Neben einer wachsenden Zahl von Fahrzeugsystemen gehören dazu Multimediaanwendungen sowie die boomende Welt des Internets, der Cloud und der mobilen Unterhaltungselektronik. Dass mehr Software und Vernetzung dabei nicht zu mehr Hardware führen muss, zeigt der internationale Automobilzulieferer Continental mit einem Verfahren zur Integration unterschiedlicher Systemwelten in einer Fahrzeugdomäne. Auf der Messe Embedded World in Nürnberg (25.-27.02.14, Stand Sysgo, Standnummer 5-371) bekommen die Besucher einen Eindruck davon, wie komfortabel sich ganz verschiedene elektronische Systeme bedienen lassen, wenn sie in einer Hardware konzentriert sind. „Durch Einsatz der sogenannten Hypervisor-Technologie lassen sich Software-Welten mit unterschiedlichen Anforderungen sicher auf einer Hardware zusammenführen“, sagt Ralf Lenninger, Leiter Strategie und Systementwicklung der Continental Division Interior. „Das ist systemtechnisch und ergonomisch sinnvoll, denn die Grenzen zwischen den einzelnen Anwendungen im Cockpit verschwimmen durch Vernetzung zunehmend.“ Um die Bedienung übersichtlich zu halten, bedarf es einer ganzheitlichen Mensch-Maschine-Schnittstelle. Bei der dafür entwickelten Domänenintegration werden mehrere Displays und Softwarewelten einheitlich von einer Hardware aus koordiniert. „So findet der Fahrer stets eine vertraute Struktur vor und tut sich leichter mit der Bedienung“, so Lenninger weiter.
Die in Zusammenarbeit mit SYSGO ins Auto transferierte Hypervisor Technologie erlaubt es, so unterschiedliche Software-Technologien wie AUTOSAR-Systeme, GENIVI Anwendungen und Android Apps gemeinsam zu betreiben. Dazu teilt der Hypervisor Ressourcen wie z.B. die Rechenleistung eines Multikern-Prozessors in mehrere virtuelle Rechner auf. „Wie zuverlässig und sicher diese Virtualisierung funktioniert, kann man daran ablesen, dass zertifizierbare Hypervisor Architekturen in der Luftfahrt, Bahn- und Medizintechnik genutzt werden“, erläutert Torsten Posch, Leiter des Software Technology Center im Bereich Interior Electronics Solutions von Continental.
Schmelztiegel Fahrzeugelektronik
Im Fahrzeug werden immer mehr ganz unterschiedliche elektronische System zusammengeführt und integriert. Viele davon stammen originär aus dem Fahrzeug, so etwa AUTOSAR-basierte Systeme wie eine Wegfahrsperre oder Warnmeldungen, die harte Echtzeitanforderungen und hohe Standards an Ausfallsicherheit und Integrität erfüllen müssen. Dazu kommen GENIVI Multimediaanwendungen, die nach hoher Rechenleistung und Speicherkapazität verlangen. Wieder andere Anforderungen stellen Anwendungen aus dem Bereich der mobilen Unterhaltungselektronik, für die beispielsweise Android als Basis dient. „Der Fahrer will alle diese Möglichkeiten nutzen können“, sagt Posch, „er will seinen digitalen Lebensstil auch ins Fahrzeug mitnehmen. Bei so vielen unterschiedlichen elektronischen Systemen wird es immer entscheidender, die Bedienung einfach zu halten.“ Um das zu realisieren, arbeitet Continental an Lösungen in Richtung einer ganzheitlichen Mensch-Maschine-Schnittstelle (Human Machine Interface, HMI) über mehrere Displays hinweg. „Die vielfältigen Inhalte lassen sich nicht mehr starr nach einem zugehörigen Display aufteilen. Um dem Fahrer die wichtigste Information dort anzuzeigen, wo er sie am besten verarbeiten kann, werden Inhalte zunehmend situativ angezeigt: im Kombi-Instrument, im Head-up-Display, im Display in der Mittelkonsole oder auch im verbundenen mobilen Endgerät.“, erläutert Posch.
Aus eins mach drei – Virtualisierung
Als Beispiel einer Interior Domänenintegration zeigt Continental auf der Embedded World die Integration der Steuerelektronik eines Kombi-Instruments, einer Head Unit und eines Android-Systems auf einem einzigen Domänensteuergerät. Als Teil des Echtzeitbetriebssystems PikeOS von SYSGO stellt der Hypervisor dafür drei virtuelle Maschinen auf den Kernen eines Multicore-Prozessors bereit, auf denen die drei Software-Technologien parallel laufen.
Mit der Integration in ein Domänensteuergerät sollen die Unterschiede der einzelnen Software-Technologien für den Fahrer verschwinden. „Er sieht ein durchgehendes, in sich stringentes HMI, das sich trotz situativ wechselnder Inhalte immer gleich bedienen lässt“, sagt Posch. Auf der Ebene der Software-Technologie hat die Virtualisierung den Vorteil, dass unterschiedliche Software strikt separiert parallel betrieben wird: Selbst wenn eine Anwendung aus der Unterhaltungselektronik auf einer virtuellen Maschine Probleme bereitet, laufen die anderen Anwendungen unbeeinflusst weiter. Unterschiedliche Sicherheitsanforderungen und gänzlich verschiedene Software-Lebenszyklen können so auf einer Hardware koexistieren. „Dank der Interior Domänenintegration können wir einzelne Software-Pakete aktualisieren, um die Entwicklungsdynamik in der Unterhaltungselektronik mit dem Auto kompatibel zu machen.“, so Lenninger.
Sebastian Fillenberg
Leiter Content, Mediensprecher und Themenverantwortlicher Architecture and Networking
Continental Automotive