Volle Fahrt voraus!
In den ersten 51 Tagen unserer Reise sind wir mit unserem Camper über 3.700 km gefahren, haben dabei 5 Länder durchquert und an 29 verschiedenen Orten übernachtet. Kaum ein Ort, an dem wir zu Beginn länger als einen Tag geblieben sind. So ist es dann kein Wunder, dass wir es in den ersten Wochen nicht geschafft hatten, das eigentliche Vorhaben für den Start unserer Reise zu erreichen: nämlich langsam zu reisen und sich einfach treiben zu lassen. Wir haben uns zwar treiben lassen, waren aber auch Getriebene unserer Neugier und von schlechten Wetterprognosen. Sowohl uns als auch den Kindern merkte man an, dass die täglich wechselnden Orte und Eindrücke stressten und wir unser Reisetempo anpassen mussten. Einer Empfehlung, die wir von vielen Reisefamilien gehört hatten: „Reist bloß langsam, über einen so langen Zeitraum unterwegs mit Kindern kann man das übliche Tempo nicht halten!“ sind wir somit nicht gefolgt. Aber wie so oft im Leben, muss man die Erfahrung eben doch selber machen…
Eigentlich haben wir es erst in Italien so richtig geschafft, das Tempo zu reduzieren und sich gedanklich nicht ständig schon mit dem nächsten Zielort zu beschäftigen. Wir blieben jetzt mehrere Tage an Orten, die uns gefielen und die uns die Gelegenheit gaben, auf die Eindrücke der vergangenen Wochen zurückzuschauen.
Und tatsächlich durften wir bereits viele Dinge erleben: Die traumhaft schönen Berge Österreichs, ein beeindruckendes Slowenien mit der Seestadt Bled und den Höhlen von Postojna, das Naturschauspiel der Plivicer Seen in Kroatien oder die faszinierende Hügellandschaft der Toskana, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Was von diesen Wochen bleibt sind aber nicht nur die besonderen Orte, sondern auch die Begegnungen mit Menschen, die wir auf dem Weg bis hierher kennen lernen durften.
So lernten wir an verschiedenen Stellen Gleichgesinnte kennen, die so wie wir, längere Zeit unterwegs sind. Dabei sind Motivation und Rahmenbedingungen ganz unterschiedlich. Manche suchen nach Neuorientierung, andere wollen wiederum einfach nur eine gute Zeit mit der Familie. Die einen haben ihren Job gekündigt, andere nutzen die Elternzeit, unbezahlten Urlaub oder haben das Glück ihren Job von unterwegs als „digitale Nomaden“ machen zu können. An der Stelle wurde Frauke und mir mal wieder bewusst, wie privilegiert wir durch das Sabbatical doch sind und so ein Programm noch längst nicht von allen Unternehmen angeboten wird.
Eine weitere Begegnung bei den Plivicer Seen in Kroatien bleibt uns in Erinnerung: Vivi, eine ältere Dame, die ihren privaten Acker für wenig Geld als Zeltplatz anbietet. Sie erzählte uns, dass sie ihr Leben unter bescheidenen Verhältnissen bestreitet. Ihr einziger Besitz ist das von ihren Eltern geerbte Bauernhaus inkl. 3 ha Land, das sie allerdings nicht mehr in der Lage ist, ordentlich zu bestellen. Ihrer Laune selbst hat man ihre Situation allerdings nicht angemerkt. Sie war eine liebevolle, äußerst zuvorkommende Gastgeberin und wirkte absolut nicht frustriert über ihre Situation. Sie war bemüht, dass sich alle wohlfühlten. So befeuerte sie an diesem Abend ein Lagerfeuer auf ihrem Acker und lud alle Gäste ein, sich darum zu versammeln. Diese Einladung schlug bei der zunehmenden Kälte und den freundlichen Worten in gebrochenem Englisch niemand ab. Als Vivi noch einzelne frierende Gäste mit Decken versorgt hatte, zog sie sich selber zurück und wir hatten spannende Gespräche mit den anderen Gästen.
Aus Volterra, ein kleiner Ort in der Toskana direkt an einem kleinen Berg gelegen und für besonders schöne Sonnenuntergänge bekannt, bleibt uns sicher noch lange eine weitere Begegnung in Erinnerung. Es ist atemberaubend gewesen, wie sich bei dem Sonnenuntergang das rote Licht über den Horizont verteilt und das Farbenspiel der toskanischen Landschaft noch schöner werden lässt. An jenem Abend hatten wir das Glück, dass ein älterer Herr diese Szene mit seinem Hang (ein Musikinstrument aus zwei miteinander verklebten Halbkugelsegmenten aus Stahlblech) musikalisch untermalte. Eine fantastische Atmosphäre, die uns einfach minutenlang schweigend dastehen ließ. Als die Sonne untergegangen war, stellte sich der ältere Herr als Giovanni vor. Er erzählte uns, dass er seit über 30 Jahren in Volterra lebt und immer noch fasziniert ist von diesem toskanischen Sonnenuntergang. Er begleitet Reisegruppen durch die Toskana, die hierherkommen um TaiChi, Yoga oder Meditation zu machen. Das sagte er…so ungefähr… Zumindest haben wir das so verstanden. Denn er sprach nur Italienisch, und wir versuchten im italo-deutsch zu antworten. So ergab sich eine Unterhaltung, wo sich beide Seiten eigentlich kaum verstanden, sich aber gegenseitig zulächelten und am Ende total zufrieden waren mit der Unterhaltung. Eine komische Situation – aber sicherlich nicht die Letzte dieser Art auf unserer großen Reise…
Die Europa-Tour geht für uns nun zu Ende, aber die Reise und unser Abenteuer geht jetzt erst so richtig los. Südostasien ist das Ziel mit den Ländern Thailand, Myanmar und Philippinen. Es geht mit dem Flieger zunächst nach Bangkok und wir werden dort einige Tage verbringen. Und dann mal schauen, wohin es uns verschlägt. Den richtigen Reiserhytmus haben wir ja jetzt schon mal gefunden….
Dieser Artikel wurde von unserem Mitarbeiter geschrieben.