Mein steiniger Weg aus meiner Heimat über ein Flüchtlingscamp zu Continental!
Mein Name ist S. Semih (Sem) Bayhan, ich bin 31 Jahre alt und habe meine Karriere bei Continental im September 2014 als Auszubildender zum Industriekaufmann angefangen.
Mit meiner Geschichte möchte ich Ihnen Einblicke in die Welt eines ehemaligen Flüchtlings geben und denjenigen Mut machen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Aber auch für diejenigen, die (Gott sei Dank) nicht aus ihrer Heimat vertrieben worden sind, aber andere schwierige Zeiten erleben mussten/müssen, hoffe ich etwas Kraft und Hoffnung geben zu können.
Ich bin kurdischer Herkunft und kam im Jahr 1989 in einem idyllischen Dorf zur Welt. Meine wenigen Erinnerungen an die 90er sind geprägt von Krieg, Gewalt und Hass, daraus resultierend ein Umfeld voller Leid und Elend. Ich musste Sachen sehen, die kein Kind jemals sehen sollte. Die Zustände? Menschenunwürdig. Dinge, die heute selbstverständlich sind wie ein Dach über dem Kopf, fließendes Wasser und tägliche Nahrung waren nicht selbstverständlich. Geschweige denn der Zugang zu Bildung. Ein Teufelskreis.
Im April 1999 hat es dann meiner damals 25-jährigen Mutter gereicht. Also nahm sie mich und meine 2 jüngeren Geschwister mit auf eine lange und anstrengende Reise nach Europa. Das Ziel? Völlig egal. Wir waren bereit unsere Heimat aufzugeben und wollten nur noch Freiheit, Frieden, Toleranz und vor allem ein menschenwürdiges Leben.
Im März 2000, als ich gerade mal 11 Jahre alt war, kamen wir in Deutschland an und verbrachten 2 weitere schwierige Jahre in einem Flüchtlingsheim. Trotzdem waren wir dankbar und voller Hoffnung. Trotzdem hat uns die Ungewissheit über unsere Zukunft schwer belastet. Die Angst, wieder von vorne anzufangen, war unser täglicher Begleiter. Wir haben den Mut verloren: wir dachten es wird nichts wie früher, wir dachten davon werden wir uns nie erholen. Uns blieb nur die Hoffnung.
Die Befreiung kam im Jahr 2002: wir wurden als Flüchtlinge anerkannt, durften von nun an ein neues Leben in Deutschland aufbauen. Wir hatten Zugang zur Bildung wie jeder andere, für uns eine völlig neue Situation. Um unsere vergangenen Erlebnisse zu verarbeiten, haben wir Hilfe in Anspruch genommen. Dank all der Unterstützung, die wir in Deutschland erfahren durften, ging es uns stetig besser. Natürlich heilen tiefe Wunden langsamer, aber sie heilen. Wir haben uns erfolgreich integriert und sind überaus glücklich, dass wir in Deutschland eine weitere Heimat gefunden haben.
Zudem habe ich das Privileg, seit 2014 für ein Unternehmen wie Continental arbeiten zu dürfen. Meine Stärken liegen in Zahlen, weshalb ich im Bereich Finanz- & Rechnungswesen tätig bin. Zusätzlich dazu fungiere ich als Digital Lead Guide am Standort Hannover und bin Teil eines weltweiten GUIDE-Netzwerkes – ein einzigartiges Projekt, um die digitale Transformation aktiv voranzutreiben und alle Kollegen/Innen dabei zu unterstützen. Doch besonders die Unternehmenswerte Freiheit, Verbundenheit und Vertrauen machen mich zu einem stolzen Mitarbeiter. Auch die hohe Bedeutung der Vielfalt, Toleranz und Nachhaltigkeit wird täglich vorgelebt und motiviert mich, genauso wie andere, dazu, unser Bestes zu geben.
Diese Kultur sorgt vor allem aber dafür, dass wir miteinander und voneinander lernen. Solch ein Umfeld ist der Nährboden für fachliche sowie persönliche Entwicklung – das Fundament des wahren Erfolgs. Das habe ich nicht nur unternehmerisch erlebt, sondern auch in meinem Leben. Nur in solch einem Umfeld kann jeder sein Talent, das jeder besitzt, entfalten. Im Jahr 2014 habe ich das Abitur als drittbester des Jahrgangs absolviert. Zusätzlich zu der Ausbildung habe ich an Wochenenden studiert und den Bachelor-Abschluss mit sehr guten Noten erlangt. Dabei habe ich vor unserer Ankunft in Deutschland so gut wie keine Vorbildung gehabt. Ist das mein alleiniger Verdienst? Keineswegs. Mein Erfolg ist keine Einzelleistung, sondern das Ergebnis eines solchen Umfelds.
Ich bin nur einer von vielen Beispielen, die zeigen, dass es viel Wert ist, die Hoffnung nicht zu verlieren. Jeder steinige Weg ist eine neue Chance, Facetten an uns entstehen zu lassen. Tut man sie in einen gemeinsamen Topf ohne Vorurteile, kann daraus etwas Großartiges entstehen.
Dieser Artikel wurde von unserem Mitarbeiter geschrieben